Rutwik Godse: Ein steiniger Weg

Rutwig Godse, jahrgangsbester Absolvent des Master-Studiengangs „International Technology Transfer Management“ 2019 an der bbw Hochschule berichtet über seinen Berufseinstieg 

  „Als jahrgangsbester Absolvent eines exklusiven Studiengangs dachte ich: Jetzt hast du es so gut wie geschafft. ,The sky is the limit‘, alles ist möglich. Aber so war es nicht… im Gegenteil, es war ein steiniger Weg. Auf 30 Bewerbungen bekam ich 15 Telefoninterviews, vier Vorstellungsgespräche und das Angebot für einen Praktikumsplatz mit 230 Euro im Monat. Das war definitiv kein Berufsstart mit 42.000 oder sogar 52.000 Euro Jahresgehalt, wie ich ihn mir ausgerechnet hatte… Das muss man erstmal wegstecken.

Natürlich habe ich mich gefragt, was schief läuft. Sollte ich gleich nach Indien zurückkehren? Dort gibt es viele hervorragend ausgebildete Ingenieure, aber nur wenige mit internationaler Erfahrung. Und die Verdienstaussichten sind deutlich geringer als in Deutschland. Ich wollte zwar irgendwann zurück, aber noch nicht jetzt. Und hier in Berlin sagten unsere Professor*innen und die Stellenanzeigen in diversen Portalen, in der Hauptstadtregion würden Ingenieure gesucht, gern mit internationalem Background.

bbw Hochschule und Auswahl des Studiums

Ich habe an einer der führenden indischen Universitäten in Pune Maschinenbau studiert und bin als Ingenieur ganz bewusst nach Deutschland ins Land der Ingenieure gekommen, um hier den Master-Abschluss zu erlangen. Natürlich auch, weil ich gesehen habe, dass Siemens bei uns in Indien Ingenieure einkauft. Also dachte ich, ich suche mir einen exklusiven Masterstudiengang der mir alle Türen öffnet und gehe danach in die Automobilindustrie. Nach vielen Recherchen fand ich einen Studiengang der passt, den ich viel spannender fand  – englischsprachig, unique und innovativ, inhaltlich perfekt – ITTM – „International Technology Transfer Management“ an der bbw Hochschule.

Für mich war Deutschland schon immer ein wunderschönes Land, das ich kennen lernen wollte um da zu studieren – ein Traum. Deshalb habe ich schon in der Schule und später weiter an der Uni Deutsch gelernt. Meine Wahl fiel nicht auf München oder Hamburg, sondern auf Berlin. Diese Stadt war unschlagbar günstig! Die bbw Hochschule wirkte im Internet sympathisch und bot seit einem Jahr (2016) den neuen Studiengang zum Technologie Transfer speziell für internationale Studierende an. Da wollte ich im zweiten Durchgang unbedingt dabei sein.

Etwas für’s Leben lernen

Dass ich angenommen wurde, freut mich bis heute sehr und ich habe es nie bereut. Wir hatten fantastische Professorinnen und Professoren und haben in einer kleinen Studiengruppe von 20 internationalen Studierenden sehr viel gelernt. Das ist nicht an vielen Unis dieser Welt zu finden. Dabei ging es nicht darum Technologien von irgendwo abzusaugen und auf einer Einbahnstraße irgendwohin zu transportieren. Sondern wir sollten begreifen, dass über einen Technologietransfer im Idealfall neue innovative Lösungen entstehen, die Entwicklungsschübe auslösen können. Das war und ist für mich ein faszinierender Gedanke. Die praktische Anwendung wollte ich in einem Berliner Unternehmen mit internationaler Marktorientierung erleben und fing direkt nach dem Abschluss an, mich zu bewerben.

Wenn ich heute zurückschaue bin ich sehr dankbar, dass wir in unserer Hochschule so viel Unterstützung hatten – auch auf den letzten Metern vor dem Berufseinstieg. Hätte ich da nicht meine deutschen Freunde und in der Hochschule so gute Kontakte, zu  ehemaligen Kolleginnen – vom Carreer Service bis hin zur Kanzlerin – und zu den Professor*innen gehabt, die uns Internationals bestärkt und Mut gemacht haben, wäre ich vielleicht tatsächlich viel zu früh zurück nach Indien gefahren. Sie haben mir geholfen zu verstehen, worauf es hier ankommt. Ein 1-A-Abschluss reicht da offenbar nicht. Erst als ich das verstanden hatte, konnte ich ein Praktikum mit 230 Euro monatlicher Bezahlung bei einem Software entwickelnden Startup annehmen. Heute bin ich für diese Entscheidung sehr dankbar. Dort fühle ich mich bis heute sehr wohl. Nach einem halben Jahr im Job hatte man mir tatsächlich schon eine Managementposition angeboten. Insofern habe ich alles richtig gemacht.

Wendepunkt durch Perspektivwechsel

Der Wendepunkt im Bewerbungsmarathon kam, mit einem Perspektivwechsel. Darüber hatten wir im Studium häufig gesprochen. Er ist oft der Weg zu einer Problemlösungen. Nach etlichen Bewerbungen ohne Ergebnis, begann ich nicht nur mich selbst zu fragen, wo bei meinen Bewerbungen der Haken sein könnte. Ich fragte auch die Personaler, die mir direkt nach dem Abschluss keinen Job im Management geben wollten. Und ich fragte meine indischen sowie meine deutschen Freunde. Diejenigen mit Personalmanagement-Erfahrung sagten: Ganz klar, für eine Managementposition fehlt dir die Unternehmenspraxis.

Natürlich sind die Betriebspraktika gern gesehen – Mc Donald’s und Siemens sind gute Namen – das ganze Studium war darüberhinaus mit vielen Study Cases zu konkreten betrieblichen Themen sehr praxisnah und viele Lehrkräfte haben sogar parallel zu ihrer Stelle an der Hochschule Erfahrungen als Führungskräfte in Unternehmen oder sind Selbständig. Als ich genauer darüber nachdachte, wurde mir klar, dass niemand einem Hochschulabsolventen sofort eine Managementposition in seinem Unternehmen geben kann, wenn er die Firma, die Prozesse und Produkte nicht im Detail kennt. Egal wo das Unternehmen steht. Das heißt, für eine leitende Managementstelle muss man Erfahrungen sammeln und sich hocharbeiten.

In jedem Tipp steckte etwas Brauchbares

Meine indischen Freunde hatten mit geraten bloß keine Abstriche bei den Gehaltsvorstellungen zu machen, meine deutschen Freunde erklärten mir dagegen wie ich zu einem Vorstellungsgespräch aussehen sollte. „Du kannst auf keinen Fall wie vielleicht in Indien üblich mit goldenen Ringen und Schmuck zum Vorstellungsgespräch gehen. Zieh einen sportlichen Anzug an“, sagten sie. Alle hatten eine Meinung und sachlich betrachtet, steckte in jedem Tipp etwas Brauchbares. Irgendwann zwischen Bewerbung Nr. 10 und Nr. 20 war mir etwas aufgefallen: diejenigen aus meiner Studiengruppe, die versucht hatten, „weniger der Inder“ zu sein der sich bewirbt, sondern eher der internationale Absolvent eines englischsprachigen Tech- und Management-Studiengangs an einer Berliner Hochschule, bekamen Jobs. Also habe ich meinen Kurs geändert.

Der Durchbruch

Ich habe meinen Lebenslauf und die Bewerbungsanschreiben angepasst und mich nicht auf Englisch, sondern auf Deutsch beworben. Ab sofort wollte ich auch im Vorstellungsgespräch zumindest auf Deutsch beginnen. Selbst, wenn die Firmensprache als Englisch ausgewiesen war. Dass ich Englisch sprechen kann, weiß jeder, der sieht, woher ich komme. Ich musste eher zeigen, dass ich jederzeit interkulturell switchen kann.

Das war ein Schritt der funktioniert hat. Erstaunlicherweise kamen meine Bewerbungen ab diesem Zeitpunkt besser an. Mir wurde klar, dass mein Praktikum bei McDonald‘s und die Masterarbeit für Siemens zwar gut aussahen im Lebenslauf aber für einen Ingenieur mit Ambition auf eine Führungsposition längst nicht genug Praxiserfahrungen waren. Deshalb nahm ich mir vor, offener zu sein und nicht nur an die 42.000 bzw. 52.000 Euro Jahresverdienst zu denken. Auch wenn ich diese in weniger als 18 Monaten nach meinem Studienabschluss verdienen musste, um zumindest vorerst in Deutschland bleiben zu dürfen. Ich glaube jeder internationale Studierende, der nach dem Studium hier in Deutschland arbeiten möchte, kennt diesen Druck. Und trotzdem wollte ich mir mehr Zeit geben.

Im Nachhinein denke ich man muss neben dem fachlichen Know-how, einem sehr guten Studienabschluss und der Internationalität auch die Bereitschaft zeigen, dass man sich in einem deutschen Unternehmen als Ingenieur bewirbt, um weiter zu lernen und dort so tief wie möglich in die Praxis einzusteigen.

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